D ie sogenannte «Milchkuh-Initiative» wurde im März 2014 mit über 114 000 gültigen Unterschriften von ei- nem breit abgestützten, überparteilichen Komitee ein- gereicht. Ihr Anliegen ist so simpel wie nachvollziehbar: Das Geld, das der Staat aus den Abgaben, Steuern und Gebühren der Strassenbenützer einnimmt, soll vollständig und zweck- gebunden in die Strasseninfrastruktur zurückfliessen. Deren Instandhaltung und die Behebung von Engpässen hat höchste Priorität, auch und vor allem für die Wirtschaft. Rund 75 % des Privat- und 60 % des Güterverkehrs in der Schweiz wer- den über die Strasse abgewickelt. Während Wirtschaft und Wohnbevölkerung sowie das Mobilitätsbedürfnis im Laufe der vergangenen Jahrzehnte massiv gewachsen sind, konnte die Verkehrsfläche mit dieser Entwicklung nicht Schritt halten. Allein über das Nationalstrassennetz werden über 40 % des gesamten motorisierten Verkehrs abgewickelt, obwohl es nur 2,5 % der Schweizer Strassenfläche ausmacht. Dabei ist das seit Jahrzehnten beschlossene Netz noch nicht einmal fer- tiggestellt, an allen Ecken und Enden ist die Kapazität nicht mehr ausreichend. Die Folge ist eine massive Überbelastung, ein Staustundenrekord von über 21 500 im Jahr 2014 und ein volkswirtschaftlicher Schaden von rund 2 Milliarden Franken pro Jahr. Das kann sich die Schweiz auf Dauer nicht leisten. Der Investitionsbedarf bei der Strasse ist unbestritten. Zweckbindung nur logisch Die Strassenbenützer haben laut der Zeitschrift «Eurotax Autoinformation» im vergangenen Jahr knapp 9 Milliarden Pro Von Andreas Burgener Direktor von auto-schweiz, Mitglied des Initiativkomitees «Für eine faire Verkehrs finanzierung» Für eine faire Verkehrsfinanzierung Franken an den Bund bezahlt – doch gerade einmal ein Drit- tel davon wurde vom Bundesamt für Strassen ASTRA für die Strasseninfrastruktur eingesetzt. Der Rest fliesst in die Bundes kasse oder wird zuhanden der Schiene umverteilt. Dazu zählt auch die Hälfte der Mineralölsteuer in Höhe von rund 1,5 Milliarden Franken, welche für die Deckung gene- reller Staatskosten eingesetzt wird. Bei einem Ja zur fairen Verkehrsfinanzierung fliesst dieses Geld künftig in die Strassenkasse. Wie der Bundesrat am 13. April mitgeteilt hat, betrug der Haushaltsüberschuss im vergangenen Jahr 1,7 Milliarden Franken. Deshalb sind Sparmassnahmen an anderer Stelle überflüssig. Mehrbelastung abwenden Während also jedes Jahr ein grosser Teil der Strasseneinnah- men direkt in die Bundeskasse fliesst, diskutiert die Politik in Bern im Rahmen der Schaffung des Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF) zum wiederholten Male über eine Mehrbelastung der Strassenbenützer. So soll der Mineralölsteuerzuschlag um 4 Rappen pro Liter Benzin oder Diesel erhöht werden. Damit würden die Abgaben auf 87 Rappen pro Liter steigen. Und das wäre nur der Anfang. Bundesrätin und Verkehrsministerin Doris Leuthard hat bereits angekündigt, dass diese Erhöhung nicht reichen werde und weitere Preisschritte folgen müssten. Das belastet Schweizer Unternehmen und Pendler auf unnötige Art und Weise. Zudem ist auch eine Preiserhöhung bei der Autobahnvignette nach wie vor nicht vom Tisch, obwohl das Schweizer Volk diese 2013 wuchtig abgelehnt hat. Warum sollen die Strassenbenützer mehr für ihre Infrastruk- tur bezahlen, solange ein Grossteil ihrer Abgaben zweck entfremdet wird? Mit Annahme der «Milchkuh-Initiative» stünden für Strassen projekte jährlich rund 1,5 Milliarden Franken mehr zur Ver- fügung – und das ohne Mehrbelastung der Strassenbenützer. Die Initiative für eine faire Verkehrsfinanzierung stellt mit ihrer Zweckbindung sicher, dass die bereits vorhandenen Mittel künftig richtig eingesetzt und somit Steuer- und Ab gabenerhöhungen überflüssig werden. Diese wären zudem mit einem Ja am 5. Juni vollständig in der Hand der Stimm- bevölkerung. Denn hier greift der zweite Bestandteil der Initiative. Künftige Verteuerungen oder Einführungen von Steuern, Abgaben und Gebühren im Strassenverkehr unter- stünden dann dem fakultativen Referendum. Mehr Sicherheit für alle Die Milchkuh-Initiative sorgt endlich für Kostenwahrheit, Transparenz und Fairness in der Verkehrsfinanzierung. Sie ermöglicht gleichzeitig die Finanzierung des dringend benö- tigten Ausbauprogramms für die Strasse – ohne zusätzliche Belastung der Strassenbenützer und ohne anderen Staatsauf- gaben etwas wegzunehmen. Damit können die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Strassennetzes in der Schweiz erhöht werden. Von der Initiative profitieren alle – vom Fussgänger und Velofahrer über den öffentlichen Verkehr bis zum Auto- fahrer und Lastwagenchauffeur. Deshalb lohnt es sich, am 5. Juni Ja zur fairen Verkehrsfinanzierung zu sagen. Der Ständerat hat die «Milchkuhinitiative» abgelehnt und der NAF-Vorlage zugestimmt. Der Nationalrat hat die «Milchkuh» ebenfalls abgelehnt und die Verkehrskommission des NR hat dem NAF ebenfalls zugestimmt. Nächstes Jahr kommt die NAF-Vorlage vors Volk und kann bei Annahme bereits 2018 in Kraft treten! INFORMATIONEN INFORMATIONS 41