Methodikkonzept zur verkehrsmittel- übergreifenden Beschreibung von Erschliessungsqualitäten Eine verkehrsmittelübergreifende Beschreibung von Erschliessungsqualitäten fehlt bisher in der Schweizer Planungspraxis. In einem VSS-Forschungsprojekt konnten die Bedürfnisse sowie die methodischen Ansätze und Grenzen dazu aufgezeigt werden. Ein Methodikkonzept wurde anhand von Fallbeispielen getestet und im Grundsatz als zweckmässig und anwendbar beur- teilt. Die erforderlichen Datengrundlagen sind weiter zu harmonisieren, insbesondere beim Fuss- und Veloverkehr. Der gewählte Ansatz ist jedoch flexibel und aufwärtskompatibel an gelegt. Bereits mit den heute vorliegenden Grundlagen würde er den bisherigen Ansatz der ÖV-Güteklassen deutlich erweitern. Zur Beschreibung von Erschliessungsqualitä- ten gibt es verschiedene verkehrsmittelbezogene Grundlagen. In der Pla- nung am meisten durch- gesetzt haben sich bisher die ÖV-Güteklassen. Eine verkehrs- mittelübergreifende Beurteilungsgrundlage fehlt. Dies steht im Widerspruch zum Anspruch, in der Verkehrsplanung vermehrt einen gesamtverkehrlichen integrierten Ansatz zu verfolgen. Die Abstimmung von motorisiertem Individualverkehr (MIV), öffentlichem Verkehr (ÖV) sowie Fuss- und Veloverkehr, jeweils mit Bezug auf die Siedlungsstruktur und ihre Entwicklung, er- hält immer stärkere Bedeutung. Vor diesem Hintergrund hat der VSS das Projekt VSS 2011/106 «Normierte gesamtverkehrliche Erschliessungsqualitäten» ausgeschrieben. Die Forschungs arbeit liefert die Grundlagen für einen entsprechenden Normie- rungsprozess. Schwerpunkt der Arbeit ist die Entwicklung einer standardisierbaren Methodik zur Beschreibung der gesamtver- kehrlichen Erschliessungsqualität. Daneben wurde auch ge- prüft, ob Standards für ein Minimalangebot (nach Nutzungs arten oder Siedlungstypen) in einer solchen Norm zweckmässig sind und wie herkömmliche Bewertungsverfahren allenfalls ergänzt werden können. Die Forschungsstelle hat dazu in einem ersten Schritt die Be- dürfnisse im Rahmen von Fachinterviews ausgelotet. Danach wurden mögliche Erschliessungskriterien, methodische Ansätze sowie die Datengrundlagen mithilfe von Literaturstudium und weiteren Fachgesprächen evaluiert. Ein erstes Methodikkonzept wurde entwickelt und anhand von zwei Fallbeispielen getestet – je eines im städtischen (Opfikon/Rümlang/ZH) und im länd lichen Gebiet (Marthalen/ZH). Aufgrund dieser Erfahrungen und zusätzlichen Modelltests wurde das finale Methodikkonzept definiert. Abschliessend hat die Forschungsgemeinschaft einen Entwurf für eine Grundnorm erarbeitet. In Detailnormen sollen die Parameter und Wertgerüste der einzelnen Kriterien konkre- tisiert werden. DE Methodikkonzept Die Bedürfnisanalyse hat den grossen Bedarf nach einer gesamtverkehr lichen Beschreibung von Standortarealen und Ge- bieten für verschiedene Planungsbereiche bestätigt, insbeson- dere für die Abstimmungsprozesse von Verkehrs- und Sied- lungsentwicklung. Die Beschreibung muss alle vier Landver- kehrsmittel berücksichtigen (MIV, ÖV, Fuss- und Veloverkehr). Hinsichtlich der räumlichen Auflösung steht die Beschreibung lokaler Erschliessungsqualitäten im Vordergrund. Einerseits ist dafür das Anwendungsfeld von Projektplanungen und Arealent- wicklungen sehr breit, andererseits sind insbesondere beim Fuss- und Veloverkehr aggregierte Aussagen zur Erschliessungsquali- tät eines ganzen Quartiers bzw. einer Gemeinde oder Region nur bedingt zweckmässig, da innerhalb des entsprechenden Gebiets die Verhältnisse sehr heterogen sein können. Gleichwohl besteht v.a. seitens Bund und Kantonen der Anspruch, auch auf einer räumlich aggregierten Ebene gesamtverkehrlich beschreibende Kennziffern zu haben. Die Festlegung von Minimalstandards hat demgegenüber klar untergeordnete Priorität. Güteklassen pro Verkehrsmittel und Standort Auf diesem Hintergrund wurde ein zweistufiges Methodikkon- zept entwickelt. Abbildung 1 zeigt dieses im Überblick. Auf einer ersten Stufe wird die Erschliessungsqualität anhand der quantitativen Kriterien Verkehrsangebot und Erreichbarkeiten ermittelt. Dabei kann von der lokalen Ebene (Hektarrasterbasis) auch auf eine räumlich aggregierte Ebene geschlossen werden. Auf einer zweiten Stufe werden die qualitativen Erschliessungs- kriterien angewendet (Abbildung 2). Das Ziel ist die Herleitung einer Güteklasse pro Verkehrsmittel. Das sich ergebende Ge- samtbild über alle vier Verkehrsmittel charakterisiert den Standort in seiner gesamtverkehrlichen Erschliessungsqualität. VON ROMAN FRICK Mitglied der Geschäftsleitung INFRAS AG, Bern VON MARK SIEBER Leiter Verkehrsplanung Ernst Basler + Partner AG, Zürich FACHARTIKEL ARTICLES TECHNIQUES34 STRASSEUNDVERKEHRNR.12,DEZEMBER2015 ROUTEETTRAFICNo 12,DÉCEMBRE2015